Eigentlich ist die Sache einfach: Wenn ein Arzt von einer Firma zu einem luxuriösen Essen eingeladen wird, entsteht ein Interessenkonflikt. Auch wenn die meisten Ärzte das Gefühl haben, dass sie sich dadurch nicht beeinflussen lassen, so irren sich doch die meisten. Unnötigerweise verabreichte Medikamente und sinnlose Operationen schaden der Gesundheit und dem Portemonnaie der Prämienzahler.
Sicher, Interessenkonflikte lassen sich nicht vollständig beseitigen. Trotzdem könnte man gewisse vermeiden. „Pharmavertreter und Arzt können ihren Kaffee selbst bezahlen“, meinte David Klemperer am Gesundheitsseminar des Schweizer Klub für Wissenschaftsjournalisten. Klemperer ist Arzt und Koautor eines Kapitel zu Interessenskonflikten. (Studien und Beispiele gibt’s auch viele in Ben Goldacres Bad Pharma – Die Pharma-Lüge).
Um diese Zusammenarbeit zu regeln, hat sich die Pharmaindustrie selbst für 2014 einen Pharma-Kooperations-Kodex auferlegt. Schön, aber es ist nicht einzusehen, weshalb unter Artikel 143.5 „die Bezahlung von Mahlzeiten (einschliesslich Getränke) in angemessen bescheidenem Umfang, höchstens jedoch bis zu einem Betrag von 150 Franken pro Fachperson und Mahlzeit“ immer noch erlaubt sein soll. Das ist nur eine, einer Vielzahl eigenartiger Regelungen in diesem Dokument. Wirklich ändern will man anscheinend nichts. Weshalb solche Ausnahmen den Pharmafirmen wichtiger sind als ihr Ruf, ist mir unerklärlich.
Dabei wäre ein (verdientermassen) guter Ruf der Pharmafirmen auch im Interesse der Gesellschaft. Bei der Entwicklung guter Medikamente und medizinischer Geräte und bei der Durchführung klinischer Versuche mit diesen Produkten sind Ärzte und Entwickler der Pharmaindustrie auf eine gute Zusammenarbeit angewiesen. Der Austausch von Erfahrung und Wissen ist für beide Seiten nützlich und wichtig. Deshalb sollten auch beide aufpassen, dass es sich beim Austausch um kritisch beurteilte wissenschaftliche Information handelt und nicht um plumpe Manipulation.
Im Kleinen ist unser Klub der Wissenschaftsjournalisten nun mit gutem Beispiel vorangegangen. Unsere Interessenkonflikte sind denen der Ärzte ähnlich. So wurde das Gesundheitsseminar zum letzten Mal alleine vom Industrievertreter Interpharma gesponsert. Unsere Übernachtungen und Nachtessen können wir aber wahrlich selbst bezahlen. Schade wäre meiner Meinung aber, wenn wir auf die guten Referenten verzichten müssten. Zumindest dieses und die letzten beiden Gesundheitsseminare waren informativ und regten zu kritischen Diskussionen an, auch wenn dies von aussen nicht immer so wahrgenommen wird. Hoffentlich geht’s nächstes Jahr weiter.
Ein paar Institutionen, die Interessenskonflikte zu regeln versuchen:
– Pharma-Kooperations-Kodex der Pharmaindustrie
– Heilmittelgesetz (HMG), Art. 33
– Humanforschungsgesetz (HFG), Art. 10
– Strafgesetzbuch (StGB), Art. 322ter – octies
– Helsinki Deklaration der World Medical Association (WMA), Art. 22, 26, 36
– Schweizerisches Heilmittelinstitut Swissmedic, Kodex der Mitglieder der Swissmedic Medicines Expert Committees, Kodex der Mitglieder des Institutrats
– Die Ethikkomissionen scheinen keine Regeln für den Umgang mit eigenen Interessenkonflikten zu haben