Kürzlich im Tagesanzeiger (28. Juli):
«Die Halsmanipulation schneidet gemäss aktueller Übersichtarbeiten tatsächlich nicht besser ab als andere manuelle Techniken wie Gelenksmobilisation oder Massage»
Im nächsten Satz sagt der gleiche Christoph Gorbach, Oberarzt für chiropraktische Medizin der Uniklinik Balgrist in Zürich:
«Der Alltag zeigt aber, dass die Impulsbehandlung anderen manuellen Techniken überlegen ist»
Wie?! Sagt Gorbach wirklich, dass er seinem Alltagsempfinden mehr traut als systematischen Untersuchungen? Dieser Widerspruch zieht sich wie ein roter Faden durch die komplementären Behandlungsmethoden. Wenn vernünftige Argumente weniger zählen als persönliche Überzeugungen, sollten wir uns die Zeit und das Geld für wissenschaftliche Arbeiten am besten sparen…
Mehr zur Chiropraktik:
bei der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften
bei der Schweizerischen Chiropraktoren-Gesellschaft
…wenn ich die beiden Aussagen von Christoph Gorbach interpretiere, sagt er: Es ist zwar nicht messbar, aber gefühlsmässig ist die Halsmanipulation schon gut. Wieder einmal bestätigt sich, dass die Medizin halt noch immer noch den Nimbus einer Kunst hat und nicht einer Wissenschaft. Das zeigt sich schon daran, dass die evidenzbasierte Medizin noch leider häufig nicht in der Praxis angekommen ist. Im Zweifel lässt sich ein grosser Teil der Ärzte vom Gefühl leiten, oder auch vom gern gebrauchten Argument: Die Patienten wollen das.
Medizin ist tatsächlich eine Kunst, und das ist meines Erachtens gut so. Dazu gehört auch die Intuition, die ja bekanntlich bei komplexen Entscheidungen besser ist als die Vernunft.
Nur sollte man diese Intuition mit Vernunft weiterbilden. Besonders, wenn die Intuition widerlegt ist, wie es im Fall der Halsmanipulation der Fall zu sein scheint, dann sollten die Mediziner offen sein. Und dass der Plazeboeffekt die Intuition massiv täuscht, müsste jeder Mediziner heute wissen.
Wenn die Patienten etwas wollen, das erwiesenermassen nur Plazebo ist, dann möchte ich ihnen das nicht vorenthalten. Nur sollen sie es dann selber zahlen und nicht die obligatorische Krankenversicherung damit für alle verteuern.