Schön, dass die aktuelle Präsidentin des Schweizer Klub der Wissenschaftsjournalisten Irène Dietschi die beiden ehemaligen Präsidenten Michael Breu und Beat Gerber zu einem Streitgespräch über den Klimajournalismus zusammengebracht hat (siehe: Bulletin 1|12, Mediensplitter(14), PDF von Breus Artikel).
Breus Schlusswort bringt die Angelegenheit so richtig auf dem Punkt: „Ich poche auf die journalistische Pflicht, gängige Meinungen gegen den Strich zu bürsten, wenn die Fakten es erfordern.“ Welcher Journalist möchte da Breu widersprechen? Mir scheint aber, dass von Journalisten allzu oft, gegen den Strich gebürstet wird, nicht weil die Fakten, sondern die Geschichte es erfordert, nicht nur von Breu.
Breu hat recht, wenn er sagt: „Journalisten müssen nicht bis ins letzte Detail wissen, wie der Prozess innerhalb eines Systems läuft.“ Dass Doktoranden einen Grossteil der universitären Forschung betreiben und in vielen Publikationen die Hauptautoren sind, müsste ein Wissenschaftsjournalist aber schon wissen und in seinem Artikel entsprechend behandeln.
Breu bringt in seinem Artikel die Geschichte der gehackten Emails von Klimawissenschaftlern der University of East Anglia und lässt dabei weg, dass darin keine nennenswerten Verfehlungen der Wissenschaftler gefunden wurden. Wenn er gegen diese unter Wissenschaftlern gängige Meinung bürstet, müsste er zumindest zeigen, weshalb sie falsch sein soll.
Wissenschaftler sind keine Politiker, deren Macht von den Medien zurückgebunden werden muss. Wissenschaftler werden von anderen Wissenschaftlern zurückgebunden, auch innerhalb des Weltklimarats. Die Aufgabe der Wissenschaftsjournalisten ist also nicht, kopflos gegen den Strich zu bürsten, sondern die wissenschaftliche Debatte verständlich zu machen.
Im Kontext auf DRS2 gab’s noch eine Art Weiterführung:
http://pod.drs.ch/mp3/kontext/kontext_201202241002_10213874.mp3
Absolut einverstanden! Als früherer Doktorand (lang, lang ist’s her), Wissenschaftsjournalist und Kommunikationsbeauftragter eines Bundesamtes habe ich im Laufe meines Lebens beide Seiten der Medaille kennen gelernt. Und manchmal – allerdings bei weitem nicht immer! – schäme ich mich meiner Mitjournis. Kritisch, ja! Gegen den Strich: unbedingt! Aber mit vorgefassten Meinungen Belege für die eigene Voreingenommenheit sammeln: Nein! Dabei beziehe ich mich nicht auf Herrn Breu, dessen Geschichten und Umstände ich gar nicht kenne, sondern auf eine reichhaltige Erfahrung dies und jenseits des Redaktionsgrabens.