Holz ist viel mehr als nur Brennstoff. Der Rohstoff wird längst nicht mehr nur verbrennt oder verbaut, sondern hat sich vom Bau- und Brennmaterial zum Hightechprodukt gemausert. Am Café Scientifique vom 13. November 2011 zeigten drei Experten wie unterschiedlich der natürliche Rohstoff verwendet wird.
„Holz ist mit Abstand der erfolgreichste Naturstoff. Neunzig Prozent aller lebender Substanz in der Biosphäre ist Holz.“ Schon mit dem ersten Satz liess der Biologe Christian Körner das Publikum seine Begeisterung für das Material spüren. Zunächst erklärte der Naturwissenschaftler, „wie das Holz in die Welt kam und warum die Welt ohne diesen Stoff nicht funktionieren kann.“ Es seien im Wesentlichen zwei Entwicklungen gewesen, die die Entwicklung des Holzes gefördert hätten. „Wasser und Konkurrenz“, fasste Körner kurz und knapp zusammen und führte dann aus: „Um an Land überleben zu können, wurde es notwendig, Wasser zu transportieren. Das Holz konnte dies leisten. Zudem mussten die Pflanzen um die Sonne kämpfen und wuchsen deswegen in die Höhe. Das Holz gab ihnen die dafür notwendige Stütze.“ Um die Stabilität des Holzes zu beweisen, hielt der Botaniker einen Strohhalm in die Höhe und demonstrierte den Anwesenden, wie schwer es ist, einen solchen Halm zu knicken. „Unglaublich was diese Halme alles leisten können“, untermalte Körner seine Vorführung. Moderator Christoph Keller schaute zu und kommentierte: „So hätte mir der Biologie-Unterricht in der Schule auch Spass gemacht.“
Vom Naturstoff zum Hightechmaterial
Dass Holz viel mehr ist als nur Brennmaterial demonstrierte auch Tanja Zimmermann, Leiterin der Abteilung Holz der EMPA. In der rechten Hand eine Mappe mit schaumstoffartigem weissem Material, in der linken Hand einen Holzbalken erklärte sie dem Publikum: „Aus diesem Stück Holz können wir Nanocellulose herstellen.“ Nanocellulose sei ein Geflecht von Fasern, die einen Durchmesser unter 100 Nanometer haben und die sehr stark miteinander interagieren und somit Netzwerke bilden, führte Zimmermann aus. Diese Netzwerke wolle man nutzen, um andere Polymere zu verstärken. Denn: Nanocellulose besitze viele Vorteile. Die Naturwissenschaftlerin zählte einige auf: „Nanocellulose ist ein sehr leichtes Material, besitzt eine ausgezeichnete Festigkeit und Steifigkeit, ist biologisch abbaubar und besitzt eine hohe Wasserspeichereigenschaft.“ Wie diese Charakteristiken in der Forschung konkret genutzt werden, veranschaulichte Zimmermann mit einem beeindruckenden Beispiel. „Was hat Nanocellulose in Bandscheiben zu suchen?“ fragte sie das Publikum, um die Frage dann gleich selbst zu beantworten. „In den Bandscheiben gibt es ein Gel, das nennt sich nucleus pulposus. Im Alter wird dieses Gel abgebaut, was zu Schmerzen führen kann.“ Lange habe es für dieses Gel keinen Ersatz gegeben, nun aber habe eine Forschungsgruppe in Lausanne ein Mittel entwickelt, das dank der Zugabe von Nanocellulose dem natürlichen Gel entspreche.
Das Holz als Albtraum
Dass das Holz aber nicht nur positive Eigenschaften besitzt, demonstrierte Florian Seebeck vom Departement Chemie der Universität Basel. „Ich möchte meine Zeit nutzen, um zu klagen“, witzelte der junge Wissenschaftler beim Einstieg in sein Referat. „Denn die Chemie findet das Holz einen unmöglichen Stoff.“ Um den Zuhörerinnen und Zuhörern dies zu illustrieren verwies Seebeck auf eine Powerpoint-Folie, die eine komplizierte chemische Formel zeigte. „Ich weiss, dass mich das Zeigen einer Formel unbeliebt macht. Aber glauben Sie mir, ich sehe genau gleich wenig wie Sie“, kommentierte der Holzchemiker und doppelte nach: „Es ist ein Chaos.“ Das Lignin, das die Verholzung einer Zellwand bewirkt, ist ein stark verästeltes und vernetztes Riesenmolekül, ein so genanntes chaotisches Polymer. „Ein chemischer Albtraum“, resümierte Seebeck. Er und sein Team arbeiten daran, wie das Lignin auseinander geschlagen werden kann. Wenn es gelinge, das Holz aufzulösen, also von einem soliden Substrat in ein lösliches Produkt umzuwandeln, so könne man es weiterverwenden, etwa bei der Herstellung von Antibiotika oder synthetischer Aromastoffe, beschrieb Seebeck. Die Erklärung dieses Arbeitsprozesses blieb nicht ohne Reaktion aus dem Publikum: „Ich finde es erstaunlich, dass sich der Mensch den Kopf darüber zerbricht wie er etwas zerstören kann, was die Natur in Milliarden von Jahren entwickelt hat. Damit drehen wir doch die Natur um?“ Biologe Christian Körner stellte sich sofort auf die Seite seines Kollegen Seebeck und konterte: „Was haben Sie denn heute zum Mittagessen gegessen?“ Der etwas erstaunte Zuhörer zählte auf, dass er sowohl Blaubeerkuchen als auch Streuselkuchen zu sich genommen habe. „Und im Moment sind sie nun gerade dabei, dieses Wunderwerk der Natur in Ihrem Verdauungstrakt zu zertrümmern. Sie zerlegen die Kuchen biochemisch in Einzelteile, um damit denken oder joggen zu können“, erklärte Körner dem Fragenden. Es sei nun mal notwendig, die Ressourcen der Natur zu nutzen, rechtfertigte der Biologe und verdeutlichte noch einmal seine Begeisterung: „Die Ressource Holz ist noch lange nicht ausgeschöpft. Da kann noch immens viel mehr geleistet werden.“
Dieser Artikel wurde von der Universität Basel in Auftrag gegeben und bezahlt.
Holz ist und bleibt ein Werkstoff, der nachwächst. Pervers finde ich persönlich wenn Werkstoffe wie etwa WPC als Ersatz für Massivholz im Haus und Garten beworben werden.
Ich finde auch das Holz ein tolles Baumaterial ist und eigentlich auch Umweltfreundlich sein kann, wenn auf den richtigen Nachwuchs geachtet wird. Aber leider gibt es viele Wälder die nicht neu bepflanzt werden. LG Horst