CLINAM Konferenz zur Nanomedizin, Session 23, 25. Mai
Krebs bleibt eine der grossen Herausforderungen der Medizin. Weil der Krieg gegen den Krebs, den der US-amerikanische Präsident Nixon vor einigen Jahren eröffnete, mit konventioneller Medizin noch immer nicht gewonnen ist, liegt die Hoffnung nun auf der Geheimwaffe Nanomedizin. Der CLINAM-Stil wurde mit einer Reihe von 5-minütigen „Statements“ noch einmal auf die Spitze getrieben.
Doch zuerst gab es nochmals eine Übersicht über die für die Nanomedizin relevanten Eigenschaften von Krebs. Alberto Gabizon, Professor an der Hebrew University in Jerusalem, beschrieb die Achilles Ferse eines Tumors: die Angiogenese (Blutgefässbildung). Die Blutgefässwände seien noch unvollständig und löchrig. Genau dort wollen die Nanomediziner schon seit langem ansetzen. Nanopartikel können dort ohne Probleme aus der Blutbahn ins Gewebe eindringen und weil die Lymphgefässe auch noch nicht gebildet sind, werden sie aus der Gewebsflüssigkeit auch nicht mehr schnell austreten (EPR-Effekt). Bei normalem Gewebe können Nanopartikel nicht gut aus der Blutbahn entweichen und wenn doch werden sie durch die Lymphe schnell wieder entsorgt. Das ist die Basis der zugelassenen Medikamente Doxil und Abraxane.
Yechezkel Barenholz, ebenfalls Professor an der Hebrew University, zeigte auf was es bei der Entwicklung von Doxil (in ein Liposom verpacktes Doxorubicin) ankam. Es sei auf eine ganze Reihe physikochemikalischen Eigenschaften angekommen, die alle peinlichst genau hätten eingehalten werden müssen. Vor allem die Zusammensetzung der Doppellipidschicht war sehr wichtig, damit das kristallisierte Doxorubicin zwar langsam aber doch austreten würde.
Simo Schwartz, Professor am Vall d’Hebron University Hospital in Barcelona stellte diese Sichtweise in Frage. Der EPR-Effekt sei gut für Tumore, die man in den meisten Fällen aber am besten mit einem chirurgischen Eingriff entferne. Das eigentliche Problem des Krebs, die Metastasen, könne damit aber nicht geheilt werden. Die Metastasen, denen die Patienten und Patientinnen am Ende erliegen, hatten noch keine Zeit ein eigenes Blutgefässystem zu bilden. Darum sei eine frühe Diagnose wichtig, wofür man aber noch die Biomarker finden muss.
Dem stimmte auch Neil Desai von Abraxis BioScience aus Los Angeles zu. Er plädierte dafür Biomarker für verschiedene Krebstypen zu suchen, damit personalisierte Medikamente hergestellt werden können. Personalisiert heisse aber nicht für ein Individuum, sondern für eine Unterguppe von Patienten und Patientinnen. Jan Mollenhauer, Professor an der University of Southern Denmark in Odense, blies ins gleiche Horn. Er träumte von einem Gerät, das von einer Krebsprobe die Gene, die Proteine und die Zellkultur analysieren und dann aus einer Auswahl den richtigen Wirkstoff und die richtigen Carrier spezifisch für den Patienten auswählen könnte. Er könne sich das durchaus in den nächsten fünf bis zehn Jahren vorstellen, wagte er sich weit auf die Äste hinaus.
Neue Ideen um die Versprechen einzulösen und die Probleme der Krebsbekämpfung zu überwinden präsentieren vier andere Wissenschafter. Da die Nanomedikamente bisher zwar weniger toxisch wirkten, dann aber nicht effektiver waren, schlug Twan Lammers von Experimental Molecular Imaging eine Kombination zwischen konventioneller Radiochemotherapie und Nanomedizin vor. Christoph Alexiou vom Universitätsspital Erlangen, präsentierte Arbeit mit Eisenoxid Partikel, die sowohl für bildgebende Verfahren als Steuerung zum Zielort mit Magnetfeldern eingesetzt werden können. Yasuhiro Matsumura, Professor am National Cancer Center Hospital East in Kashiwa City stellte eine Methode gegen Metastasen vor, die mit Antikörpern gegen Fibrin gefunden werden. Fibrin, bilde sich spezifisch bei an verletzten Blutgefässen durch Metastasen. François Berger, Professor an der Université Joseph Fourier in Grenoble hatte Erfolge mit einer Sonde, die dank einer nanobeschichteten Oberfläche ohne Biopsie eine Analyse des Tumorgewebes erlaubt.
So viele Ideen und doch ist der Krebs noch ein grosses Problem. Die Konferenz habe gezeigt, dass es viele Versprechen und viele interessante Details gäbe, meinte Patrick Hunziker, Professor am Universitätsspital Basel. Was fehle sei das Gesamtbild. Er habe deshalb einen Wunsch: eine Art Buch der Nanophysiologie, wo allgemein akzeptierte Grundlagen zusammengetragen werden und Standards festgelegt werden. Eine Aufgabe für die nächste Konferenz?
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