CLINAM Konferenz zur Nanomedizin, Session 5, 23. Mai
In den 90er Jahren war Nanomedizin noch Science Fiction. Zehn Jahre später wurde es zur Science. Heute ist die Frage, was bringt es den Patienten und Patientinnen. So kündigte der Vorsitzende Patrick Hunzicker, Professor am Universitätsspital Basel, den Block über die klinischen Phasen an. Hier konnte man sehen, was einfach nur tolle Ideen sind und was tatsächlich in die Praxis umgesetzt wird.
Neil P. Desai, der Vizepräsident der Firma Abraxis BioScience LLC aus den USA widersprach umgehend. Sie hätten schon 1998 die ersten klinischen Tests gemacht. Ihr schon zugelassenes Krebsmedikament Abraxane sind Nanopartikel, aus unlöslichem Paclitaxel und dem Protein Albumin, das auch Paclitaxel bindet. Interessanterweise bindet Albumin an das Protein SPARC, das spezifisch von Bauchspeicheldrüsenkrebs sekretiert wird. Der ist sonst für Medikamente ziemlich undurchdringbar. Obwohl die SPARC Sekretion eigentlich ein schlechtes Vorzeichen ist, wirkte Abraxane besser bei Fällen mit hoher SPARC Sekretion.
Der Star des Vortragsblockes war Amy Lee, Forschungsleiterin bei der kanadischen Tekmira Pharmaceuticals. Ihre Liposomen tragen siRNA in die Leber, wo sie gegen hohe Hypercholesterinämie wirken sollen. Die Resultate sahen vielversprechend aus, doch dann, ab einer genug hohen Dosis zeigte ein Patient Grippeähnliche Symptome und die klinische Phase I wurde sofort abgebrochen. Mit menschlichen Blutkulturen kamen sie der kryptischen Immunantwort dann auf die Spur. Es sei ein Effekt der von der RNA ausgelöst werde, aber von den Partikeln noch verstärkt werde. Nun kann etwas dagegen unternommen werden und die klinischen Phasen weitergeführt werden.
Ähnlich ging es Pierre Attali, dem Manager der französischen Bioalliance Pharma. Die Versuche mit Dexorubicin, das mittels Nanopartikel gegen Lebertumore eingesetzt wird, endeten mit drei toten Versuchspersonen. Sie erlagen Lungenproblemen. Die Phase II musste abgebrochen werden. Heute ist die Nanomedizin allerdings wieder in Phase III, weil man die richtige Konzentration gefunden habe. Ein Zuhörer war überzeugt, dass die Nanopartikel in der Lunge aggregieren.
Des weiteren präsentierte Andreas Jordan, Wissenschaftsvorstand der Firma magForce aus Berlin eine bereits in der EU zugelassene Magnettherapie von Hirntumoren. Die verpackten Eisenoxid Partikel werden ins Hirn gespritzt und danach mit alternierenden Magnetwellen angeregt. Dadurch erhitzt sich der Tumor und die Zellen sterben ab. Yasuhiro Matsumura, Chef des Research Center for Innovative Oncology in Japan, präsentierte klinische Studien mit Mizellen. Diese schliessen zum Beispiel Cisplatin ein. Die Nanomedizin sei relativ gut verträglich. Toxisch für den Verdauungstrakt, aber nicht für die Nieren und auch das Platin rufe nur schwache allergische Reaktionen hervor. Die gute Verträglichkeit wurde auf die Partikelgrösse und die ungeladene Oberfläche zurückgeführt.
Der Vorsitzende des Blockes fasste zusammen, dass die Nanomedizin zu höheren Effektivität der Behandlungen führe, aber halt doch auch Nebeneffekte habe. Diese seien allerdings von einer anderen Natur als wenn die Medikamente ohne Nanopartikel verabreicht würden. Marisa Papaluca, die Chefin des Scientific Support and Projects European Medicines Agency, fügte hinzu: „Das sind schöne Beispiele, wie vorzeitig beendete klinische Versuche zu neuer Wissenschaft geführt haben.“
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