Ich habe im vergangenen September per Videokonferenz an einem Seminar türkischer Journalisten in istanbul teilnehmen dürfen. Thema: Umgang mit Suizid in den Medien. Den Anlass hatten besorgte Psychiater veranstaltet, weil in türkischen Medien sehr detailliert über Suizide berichtet wird und es nach Meinung und Beobachtung der Seelenärzte zu häufig zu Nachahmungstaten und Tragödien kommt. Ich hab meinen Auftrag erfüllt und den türkischen Kolleginnen und Kollegen von unseren Richtlinien betreffend Berichterstattung über Suizide (Schweizer Presserat 7.9) und deren strikter Einhaltung m Musterland Schweiz vorgeschwärmt. Dass wir nur ganz zurückhaltend über Selbstmorde und das meist nur bei bekannten Personen berichten, immer aber Details vermeiden. Gerade weil uns allen bekannt ist, dass solche Berichte andere in den Tod treiben könnten.
Jetzt lese ich zufällig in „Blick am Abend“, dass morgen Abend unter dem Titel „Tod nach Plan“ das Schweizer Fernsehen einen „Dokumentar“-Film über den geplanten und mit Hilfe von Exit durchgeführten Suizid eines 54jährigen (angeblich psychisch kranken) Mannes aussenden will.
Das halte ich für unverantwortlich und Leben gefährdend.
Wer verantwortet es eigentlich, wenn andere dem Beispiel folgen?
Der Direktor, der Generaldirektor, die Konzessionsbehörden?
Bin gar ich da mit drin, wenn ich meine Billag-Rechnung zahle?
Man wird sich dann allenfalls von zuständiger Stelle aus entschuldigen, von einer Beschwerdeinstanz beurteilen lassen und immer heimlich die Fäustchen reiben darüber, dass das Schweizer Fernsehen wieder mal ins Gespräch gekommen ist und Quote gemacht hat. Selbst mit Zwangsgebühren finanziert muss man das offenbar. Mit echten Leichen, umso besser.
