Jérôme Grosse, Kommunikationschef der EPF Lausanne, bringt es im jüngsten SKWJ-Bulletin 1/11 auf den Punkt: „Wenn die Medien das Terrain der Wissenschaft verlassen, springen wir in die Bresche.“ Vor ein paar Monaten hat die EPFL ihre neue Website aufgeschaltet. Die attraktive und übersichtliche Homepage ist von einem herkömmlichen Medienportal kaum mehr zu unterscheiden – mit einem einzigen Unterschied: Die journalistisch und multimedial aufbereiteten Beiträge drehen sich ausschliesslich um Wissenschaft und Forschung. Damit folgt Grosse dem Beispiel angelsächsischer Universitäten wie MIT, Cambridge und Caltech und setzt zugleich für die Schweiz den Massstab. Die meisten hiesigen Unis führen zwar News auf der Homepage, doch geht es dabei meist ums universitäre Leben und um Eigenwerbung, auch beanspruchen Veranstaltungskalender, neue Publikationen und andere Hinweise relativ viel Platz. Zudem erscheinen die Bilder vorwiegend im Briefmarkenformat – wahrlich kein Augenschmaus. Die EPFL ist derzeit noch um eine Nasenlänge voraus.
Jerôme Grosse sieht keine Probleme, sich mit der EPFL-Website im Graubereich zwischen Journalismus und PR zu positionieren. „Die Journalisten haben eine sehr manichäische Vision der Grenze zwischen Journalismus und Kommunikation“, sagt er selbstbewusst. Damit spielt er auf den Manichäismus an, eine antike Religion, die das Entweder-oder zum Prinzip erhebt (z.B. Licht oder Finsternis oder eben unabhängige Medien oder Interessen gebundene Publikationsorgane). Seinen Weg zwischen den Fronten beschreitet Grosse erfolgreich, stolz kann er neuerdings bis zu 13‘000 Besucher pro Tag verzeichnen. Das Portal mit Berichten aus der Welt der Wissenschaft wird von fünf Journalisten betreut. Welche Uni wird die nächste sein und in diese „Marktlücke“ springen (die ETH Zürich folgt bekanntlich im Sommer 2012)? Wie reagieren die Medien und die Medienschaffenden auf diese Entwicklung? Gibt es neue Stellen für Wissenschaftsjournalisten? Was meint der Klub dazu? Man darf gespannt sein.
Die Sache ist ganz einfach: Es ist die Entscheidung der LeserInnen/BürgerInnen selbst, ob sie bereit sind, etwas für die Unabhängikeit zu bezahlen. Wem die Unabhängigkeit nichts wert ist, darf auch keine erwarten. Da muss ich auch mich selbst an der Nase nehmen.
Kants Spruch ist zwar abgedroschen, aber trotzdem wahr: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.“
So einfach ist es nun auch wieder nicht. Wir erleben eine Verschiebung von den angeblich freien Medien zu den Newsproduzenten. Und gleichzeitig findet eine Demokratisierung statt. Eine Überprüfung der Fakten findet nach der Publikation durch die globale Internetgemeinde statt. Für eine Faktenprüfung haben die Medien ohnehin kaum Ressourcen mehr. Freiherr zu Guttenberg weiss davon ein Liedchen zu singen.
Machtverschiebungen all überall. Und das ist gut so. Probleme haben damit vor allem jene, die Macht abgeben müssen.
Ich fasse mal zusammen:
1. Wir setzen auf die Mündigkeit der Leser selbst zu entscheiden was sie lesen und wie kritisch sie lesen. Geschenkt.
2. Die aufmerksamen Beobachter des Internets werden es schon richten. Meinet wegen.
3. Menschen/Institutionen/Systeme die Macht hatten und durch die historische Entwicklung an Einfluss verlieren haben mit ihrem Machtverlust ein Problem. Nicht völlig eindeutig, aber vertretbar.
ABER: Wenn man in Deutschland, und ich nehme an in der Schweiz gibt es eine ähnliche juristische Sachlage, die Vorspiegelung falscher Tatsachen als Betrug deklariert, wenn es um Vermögensschädigung geht (ich interpretiere in diesem Fall Drittmittle als Vermögen), dann wäre eine vermeintlich unabhänige Berichterstattung, die nicht als solche gekennzeichnet ist, abzulehnen.
Da es sich bei der Internetseite, aber eindeutig um die Internetseite einer Forschungsinstitution handelt und dies auch nicht nur im Kleingedruckten steht, sondern deutlich sichtbar in der oberen linken Ecke angezeigt wird, spielt der institutionelle Rahmen in dem die Seite entsteht keine Rolle. PR ist PR auch wenn es von Journalisten in einer Redaktion betreut/gemacht wird. Und den Unterschied zwischen PR und unabhängigen Medienfestzustellen sollte doch wohl jedem klar denkenden Menschen gelingen. Und wenn das nicht der Fall sein sollte, dann belibt ja noch die globale Internetgemeinde…