Im Oktober traf ich Adam Bly, Gründer und CEO der seed media group (Magazin Seed, scienceblogs.com). Heute erschien mein Artikel in der NZZ „Wissenschaft als Lifestyle„. Der Artikel basiert zu einem grossen Teil auf dem Interview mit Bly – hier ein Kurzfassung davon.
New York, Manhattan, 7. Stock: Eva Wisten, Bloggerin, Buchautorin, führt mich durch ein fensterloses Grossraumbüro vollgestopft mit Bloggern, Journalistinnen und Grafikern in einen kleinen Nebenraum. Nach wenigen Minuten kommt er, Adam Bly. Die Worte des gerade mal 27-Jährigen sind geschliffen von den unzähligen Vorträgen weltweit.
Adam Bly, Wissenschaft sei nun Kultur, schreiben sie in Seed. Woran erkennen Sie den Wandel?
Bly: Als ich das erste Mal „Wissenschaft ist Kultur“ auf das Magazin kritzelte, war dies ein Aufruf und eine zutiefst hoffnungsvolle Aussage. Die Welt war im Krieg und antiwissenschaftliche Gruppierungen gewannen an Einfluss in Asien, in Europa und insbesondere in den USA. Heute muss in den Hallen der Regierungen nicht mehr für die Wissenschaft argumentiert werden. Präsident Obama machte schon bei seiner Antrittsrede klar, dass er den der Wissenschaft zustehenden Status wiederherstellen werde. Auch für das World Economic Forum ist die Wissenschaft seit diesem Jahr eines der Hauptthemen. Chinas Präsident Hu Jintao erklärte die Wissenschaft als prioritär. Vor einigen Monaten an einem Treffen der „Akademie der Wissenschaften der Entwicklungsländer“ in Mexiko wurde die Schaffung einer wissensbasierten Ökonomie als Kernstrategie festgelegt. Wir sehen all diese Indikatoren. Und wir wissen, dass alle heutigen Themen – vom Klimawandel über Energie bis zu H1N1 – im Kern wissenschaftlich sind.
Der neue Slogan von Seed ist „Wissenschaft als Linse“. Was meinen Sie damit?
Wir brauchen eine neue Art zu denken, eine neue Linse, um durch diese komplexen Zeiten zu navigieren. Wir brauchen Leader, die bereit sind, ihre Meinung aufgrund neuer Erkenntnisse zu ändern. Wir müssen den Wert des Wissens wieder stärken und wir brauchen einen gewaltigen Effort, um das wissenschaftliche Verständnis von Milliarden von Menschen zu verbessern. Bislang waren Dinge wie Demokratie, freie Marktwirtschaft oder der Glauben fundamentale Linsen. Die Wissenschaft muss nun mehr sein als ein wichtiges Thema. Sie muss zur Art werden, wie wir Regierungen organisieren und generell wie wir denken.
Skizzieren Sie nicht gerade eine technokratische Gesellschaft? Spricht nicht die heutige Krise, die auch auf der direkten Anwendung von Theorien neoliberaler Ökonomen basiert, gegen eine solche vorherrschende Stellung der Wissenschaft?
Der Einwand ist berechtigt, aber nur, wenn wir Wissenschaft in der althergebrachten Art und Weise als unmenschliches und unpersönliches Unterfangen betrachten. Ich sehe Wissenschaft in ihrem ganzen poetischen und romantischen Glanz. Wissenschaft ist weit mehr als Mathematik, es ist eine reiche Kultur. Die aufkommenden Wissenschaftsnationen China und Indien bringen weitere Aspekte. Kollegen in Peking etwa lachen immer, wenn ich von interdisziplinärer Zusammenarbeit spreche – für sie ist dies so selbstverständlich.
Ist Wissenschaft für Sie also ein Lebensstil?
Sicher. Die Falsifikation, die grundlegende Methode der Wissenschaft, könnte zur universellen Art werden, wie wir denken. Wissenschaft kann Frieden fördern. So wurden kürzlich im umstrittenen Kaschmir Forschungsparks mit indischen und pakistanischen Forschenden eingerichtet. Die Wissenschaft zu unserer wesentlichen Linse werden zu lassen, ist für mich die grösste Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Alle möglichen Institutionen müssen sich daran beteiligen. Jeder Aspekt einer Gesellschaft ist betroffen. Wir suchen deshalb so viele Verbündete wie möglich und arbeiten mit der Politik, der Wirtschaft, mit Architekten, Designern und Künstlern zusammen. Bei Seed möchten wir als Knotenpunkt die unterschiedlichsten Gruppen miteinander verbinden.
Seed bezeichnet sich als „Science couture“. Welche Rolle spielt das Design?
Bly: Die komplexe Computertechnologie wurde für die meisten erst zugänglich, als Designer digitale Oberflächen schufen. Wir produzieren zur Zeit pro Jahr so viele Daten wie in der bisherigen Menschheitsgeschichte zusammen. Ich habe mein Genom sequenzieren lassen und besitze nun ein 5 Megabyte-File. Dieses sagt mir nichts. Design kann die komplexe Welt kommunizierbar machen. Und es soll uns erlauben, aufgrund der Daten Entscheidungen zu treffen.
[…] Aber … es geht der Seed Media Group ja auch gar nicht um Wissenschaft. Es geht um viel viel mehr – um die Erschaffung einer ganz neuen Welt – und auf einmal kommen wir aus der Welt der kleinen Nerds, die gerne der großen Welt zeigen wollen, was sie alles besser wissen in die große Welt der bösen Politik. Mit Demokratie, Marktwirtschaft oder freier Religionsausübung haben es die “Wissenschaftler” nämlich nicht so. Hören wir dazu mal den Gründer von Seed Media, Adam Bly, hier auf dem Science-Sofa: […]
[…] Einem Ausschnitt des Beitrages glaube ich aber widersprechen zu müssen: Aber … es geht der Seed Media Group ja auch gar nicht um Wissenschaft. Es geht um viel viel mehr – um die Erschaffung einer ganz neuen Welt – und auf einmal kommen wir aus der Welt der kleinen Nerds, die gerne der großen Welt zeigen wollen, was sie alles besser wissen in die große Welt der bösen Politik. Mit Demokratie, Marktwirtschaft oder freier Religionsausübung haben es die “Wissenschaftler” nämlich nicht so. Hören wir dazu mal den Gründer von Seed Media, Adam Bly, hier auf dem Science-Sofa: […]
[…] Aber … es geht der Seed Media Group ja auch gar nicht um Wissenschaft. Es geht um viel viel mehr – um die Erschaffung einer ganz neuen Welt – und auf einmal kommen wir aus der Welt der kleinen Nerds, die gerne der großen Welt zeigen wollen, was sie alles besser wissen in die große Welt der bösen Politik. Mit Demokratie, Marktwirtschaft oder freier Religionsausübung haben es die “Wissenschaftler” nämlich nicht so. Hören wir dazu mal den Gründer von Seed Media, Adam Bly, hier auf dem Science-Sofa: […]