Wollen Kontrolleure die geografische Herkunft von irgendetwas wissen, befragen sie die Isotope. Schon heute verrät das Verhältnis bestimmter Isotope mehr oder weniger zuverlässig, ob ein Bordeaux wirklich aus der Region stammt, wo das Schwein hinter einem bestimmten Schinken aufgewachsen ist oder woher konfiszierte Drogen stammen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis auch die Kontrolleure von Migranten auf den Geschmack kamen. Weil Migranten nur aus bestimmten Ländern als Flüchtlinge anerkannt werden und zudem mit einigen Ländern Rücknahmeabkommen bestehen, entsorgen schliesslich viele ihren Pass und verschleiern ihre Herkunft.
Nun ist es soweit: Am 14. September startete Grossbritannien das 10-monatige „Human Provenance pilot project“, wie Science berichtet. Auf „freiwilliger Basis“ können Asylsuchende Haare oder Fingernägel für die Isotopenanalyse und einen Schleimhaut-Abstrich für die DNA-Analyse zur Verfügung stellen. Das Projekt hat unter Wissenschaftern einen Aufschrei produziert. Aus einem einfachen Grund: Im Unterschied zu Weinreben oder Mohnpflanzen bewegen sich Menschen. Dies gilt insbesondere für Migranten. Die Isotopenanalyse ergibt ein Abbild, woher das Wasser und die Nahrungsmittel stammen, die ein Lebewesen zu sich genommen hat. Werden nun Haare und Fingernägel von Menschen analysiert, kann damit gerade mal ein Zeitraum von einigen Monaten abgedeckt werden. Dabei sind MigrantInnen oft Jahre unterwegs!
Selbst um die letzten Monate abzudecken, braucht es als Referenz eine umfangreiche Isotopenkarte der Welt bzw. Afrikas und eine umfassende Validierung der Methode. Beides ist nicht vorhanden. Science zitiert Alec Jeffreys von der Universität Leicester, Erfinder des DNA-Fingerabdrucks: „Der ganze Vorschlag ist naiv und wissenschaftlich unhaltbar.“
Auf dieser Basis ist selbst ein Pilotprojekt fragwürdig. Dies vor allem deshalb, weil Entscheide nicht selten auf Basis von Indizien getroffen werden (etwa auf Basis des umstrittenen Sprachtests). Und von echter Freiwilligkeit kann dabei keine Rede sein. So heisst es im von ScienceInsider veröffentlichten Papier „Nationality swapping – isotope analysis and dna testing“: „Verweigern Asylsuchende die Abgabe von Proben für die Isotopenanalyse und die DNA-Tests, kann der für den Fall Verantwortliche einen negativen Rückschluss auf die Glaubwürdigkeit des Asylsuchenden ziehen (…).“
Nach der Protestwelle hat die zuständige Behörde laut Science nun einen Rückzieher gemacht: „Während des Versuchs werden keine Entscheide über einzelne Fälle auf Basis dieser Methoden gefällt.“ Aufgegeben jedoch wurde das Projekt trotz der offensichtlichen Mängel nicht: In 10 Monaten wird die Pilotphase analysiert.
Da hab ich doch kuerzlich einen Kommentar dazu geschrieben. War euch wohl nicht wissenschaftlich genug! Ich kanns euch nicht veruebeln. Gruss.
Hab mich gewundert – welcher Kommentar? Aber jetzt ist es klar: Du hast in Facebook kommentiert. Kannst du das auf sciencesofa rübernehmen? Danke.