Ein Wissenschafter (und natürlich immer auch eine Wissenschafterin), der/die sich in einem Feld äussert, in dem er/sie nicht zuständig ist, der/die macht sich unmöglich unter seinesgleichen. „Er ist ein guter Wissenschafter, obwohl er in der NZZ schreibt“ hat TU Cottbus-Präsident Prof. Walther Zimmerli in seinen alten Berufungsunterlagen gefunden. „Daran hat sich nicht viel geändert“, meint Zimmerli. Anderseits fordert Beat Glogger mehr Mut und Maya Brändli, dass sich auch jemand einfach als Intellektuelle(r) zu einem Thema äussert.
Kann öffentliche Auseinandersetzung auch die Richtung des Forschens ändern? Beat Glogger nennt als Beispiel die Nanoforschung, wo jetzt Publikum und Forschende zusammen sitzen, um Tragweiten abzuschreiten. Daniel Höchli vom SNF weist darauf hin, dass es ja auch einige nationalen Forschungsprogramme gibt, die solche Fragen ansprechen. Man dürfe allerdings auch nicht übermässige Erwartungen haben. Beispiel: Genmanipulierte Pflanzen und Risiken.
Man solle sich einfach an die Oeffentlichkeitsstellen richten, sagt eine Vertreterin der Universität Zürich, man helfe. Daniel VonderMühll, SystemsX, meint, man müsse erst Vertrauen schaffen, denn zuerst müsse man ja wissen, mit wem man es zu tun habe. Es wäre sinnvoll, wenn sich die Akademien mehr der öffentlichen Aufklärung annehmen würden.
Kurt Imhof meint, man müsse sich ab und zu auch aus Selbstschutz verweigern. Denn Journalisten/innen wüssten heute oft nicht mehr, wer zu was etwas zu sagen hat. Auch er sei zu Littering und dem Vorzug des Vornamens Anja schon befragt worden. Da sehe er sich dann lieber in der geschlossenen Gesellschaft.
Maja Brändli hält die Frage des Vertrauens ebenfalls für wichtig. Aber man müsse doch erwarten können, dass der Angefragte wisse, was Radio DRS2 sei. Und wenn Radio DRS2 wegen Littering anrufe es etwas anderes sei als wenn eine Gratiszeitung anrufe.
Was lässt sich verbessern, ist NZZ-Redaktor Christian Speicher gefragt. Als Physiker schreibe er auch mal über komplizierte Themen, die nicht von allen verstanden werde. Aber grundsätzlich bestehe der Anspruch schon. Es sollte aber, findet Speicher, keinesfalls eine Beschränkung auf das allen Verständliche geben.
Beat Glogger meint, alle wollen eigentlich gern unterhalten werden, das sehe man schon daran, bei welchen Gelegenheiten auch an diesem Symposium gelacht werde. Wissenschaft könne in verschiedenen Kontexten, zum Beispiel als Abenteuer dargestellt und attraktiv gemacht werden.
Live-Blogging an Tagung „Wissenschaftskommunikation – Chancen und Grenzen“ der akademien-schweiz

Sollen Forschende als Intellektuelle Auskunft geben? Also auch über Themen reden, bei denen sie im engeren Sinne über keine Expertise verfügen? Der Wissenschaftsforscher Harry Collins, der seit Jahren Fragen zur Expertise untersucht und kürzlich das Buch „Rethinking Expertise“ veröffentlicht hat, meint: Nein. Collins schrieb in Nature: „The result of such an exercise is the creation of some new classes of experts (such as people whose expertise is based on experience rather than training and certificates), and the exclusion of some old classes (such as scientists speaking outside their narrow areas of specialization).“ (Mehr dazu im Artikel: Das Periodensystem der Expertise) Für mich ist dieses Nein zu absolut. Wichtig ist aber, dass in Artikeln erkennbar ist, ob einer als Forscher über sein Fachgebiet spricht oder als Intellektueller kommentiert.