Jetzt sind sie also gefasst, die guten Vorsätze. Wenn nur nicht die Versuchung mit morgen wäre. Cras war den Römern der Morgen, crastinus der „morgende (sic!) Tag“, und procrastinare sagten sie, wenn sie „auf morgen verschieben“ meinten.
Das Prokrastinieren, so wissen wir aus leidlicher Erfahrung, ist eine Krankheit, deren Symptome am Jahresanfang deutlicher werden.
Wikipedia meint zu Recht:
Manche Menschen sind wesensbedingt erhöht motivationsabhängig,
sie schaffen es nur unter großer Überwindung, Tätigkeiten, die als langweilig
empfunden werden (und deren Gewinn erst sekundär oder zukünftig entsteht), in Angriff zu
nehmen. Dabei sind sich die Betroffenen der ihnen durch das Verschieben
entstehenden persönlichen Nachteile durchaus bewusst, was Unlust oder
sogar Angst auslöst, die aber als Negativgefühle ihrerseits das
In-Aktion-Treten erschweren oder gar unmöglich machen.
Ein Teufelskreis kann entstehen, indem man immer wieder den Vorsatz fasst, die
unangenehmen Aufgaben zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erledigen –
diesen jedoch wieder und wieder verstreichen lässt. Dadurch können
Angst, Scham und Druckgefühl ansteigen, die ihrerseits wiederum das
In-Aktion-Treten untergraben.
Manche gehen mit ihrer Steuererklärung im Teufelskreis.
Andere mit Texten. Scientific American tröstete kürzlich, dass wir damit nicht allein sind. 15 bis 20 Prozent, also jede(r) Fünfte schiebt was vor sich her. Das kann sogar Beziehungen belasten. Prokrastinierende sind schwer behandelbar. SciAm berichtet von einem Anwalt, der seine Karriere gefährdete, weil er Kundenanrufe nicht beantwortete und wichtige juristische Eingaben verplemperte. Als ihm aber sein Psychologe am Anfang der Behandlung einen Text über P zu lesen gab, verschob der Patient auch das auf cras.
Laut SciAm sollen bis zu 95 Prozent der Studierenden prokrastinieren. Für die meisten Leute hat das auch finanzielle Konsequenzen – zum Beispiel bei der Steuererklärung.
Was aber, wenn man nicht nur langweilige Dinge prokrastinierend behandelt, sondern auch Sachen, die eigentlich Spass machten? Zum Beispiel das Rauchen?
Gespannt blicken wir auch deshalb im Januar aufs Weisse Haus. Barack Obama hat nämlich zwar gestanden, dass er während der stressigen Kampagne ab und zu mal an einer Zigarette gezogen (aber nicht inhaliert?) habe. Im Weissen Haus aber werde er nie rauchen, hat er versprocnen. Es wird ihm schwer fallen. Das lässt mich dieses Bild vermuten:
„I’d walk a mile for a Camel“ hiess es früher unter solchen Sohlen.
Mal sehen, ob aus dem Präsidentenbüro des Weissen Hauses nicht doch ab und zu ein weisses Räuchlein aufsteigen wird. In ovalen Kringeln natürlich.
Einen guten Anfang im 2009 wünsche ich Euch/mir und BO.
Lieber Martin, das sind die richtigen Worte zum Jahresanfang! Meine Steuererklärung werde ich trotzdem auch dieses Jahr wohl auf den letzten Drücker, sprich: Tag, einreichen. Es guets Nöis an alle, die ab und zu aufs Sofa sitzen.