Als Einfädler des Vertrags zwischen den Schweizer Universitäten und der SDA wundere ich mich, mit welcher Vermessenheit aus den (noch) Biswind-geschützten Ecken des Wissenschaftsjournalismus dagegen argumentiert wird (siehe Beitrag „Verantwortung der Redaktionsstuben“). Die Vereinbarung mit der SDA ist ein Pilotprojekt und dauert vorläufig bis Ende 2010 – dann wird von beiden Seiten aus Bilanz gezogen. Mit dem „Deal“ (so das Wort von Odette Frey) soll die Vermittlung von Themen aus Wissenschaft und Forschung gefördert werden und dies nach den redaktionellen Grundsätzen der SDA, wie sie auch in der Politik, Wirtschaft und andern Ressorts angewendet werden. Was ist denn so anrüchig daran, eine Redaktionsstelle mit öffentlichen Geldern zu bezahlen? Die Finanzierer der SDA (sprich: die Verleger!) finden es ja nicht nötig, einen gesellschaftlich äusserst wichtigen Sektor wie die Wissenschaft in der Agenturarbeit angemessen und kompetent zu berücksichtigen. So macht dies halt die öffentliche Hand als eine Art Service public (wie auch der SDA-Feuilleton-Dienst, der meines Wissens vom Bundesamt für Kultur teilfinanziert ist; liebe Odette, jetzt bist du wohl baff!?).
Die Wissenschaftsmeldungen der SDA geben eine ausgewählte Übersicht über die Aktivitäten im schweizerischen wie auch internationalen Umfeld. Es ist nicht Aufgabe der Agentur, lange Hintergrundberichte zu liefern – da fängt Eure Arbeit an, liebe Journalistinnen und Journalisten in den andern Redaktionsstuben, mit weiterer Selektion, kritischen Nachrecherchen und attraktiver journalistischer Umsetzung! Wenn ich aus meiner Warte den Medienbetrieb betrachte, sehe ich auch beim Wissenschaftsjournalismus grosse Umwälzungen auf uns zukommen. Trotz der Beteuerung „Science sells“ ist die Sparte vor allem im Printbereich in Bedrängnis geraten, die Verlagerung auf Online-Medien und die Zusammenlegung von Wissensredaktionen verschiedener Titel wird meines Erachtens fortschreiten. Die Freien in der Schweiz sind praktisch weg vom Markt und ernähren sich vom PR-Brot. Der Wissenschaftsjournalismus hat keine starke Lobby, ein untrügliches Zeichen dafür ist jüngst die überraschende, ersatzlose Streichung des neu zu besetzenden Chefpostens in der NZZ-Wissenschaftsredaktion. Auch die alte Tante an der Falkenstrasse muss jetzt eben sparen.
Was den Wissenschaftsdienst der SDA betrifft, scheint es mir jedenfalls viel besser, dass die grosse und wachsende Leserschaft der Gratis- und Onlinezeitungen auch mal eine kompetent verfasste SDA-Meldung über Forschung zur Kenntnis nimmt als ständig mit Schrott aus dem People-Bereich zugemüllt zu werden. Angesichts der widersprüchlichen Realität ist die Diskussion über Abhängigkeit der Medien sicher sehr wichtig, doch erwarte ich auch von Medienschaffenden aus der SRG, selbst ein „konvergenzbedrohtes“ Unternehmen, etwas mehr Respekt vor andern Mitspielern im Wissenschaftsjournalismus und andern sozialen Realitäten. Wünschenswert wäre zudem eine etwas weniger moralisch-puristische Nabelschau. Jedermann und jedefrau ist abhängig (mehr oder weniger subtil), wenn nicht von vermeintlich oder effektiv Einfluss nehmenden Geldgebern, so dann von individuellen Steckenpferden und eingefleischten Ideologien. Die Resultate der SDA-Wissenschaftsredaktion erachte ich bisher zumindest als ermutigend. Geben wir dem „Deal“ doch eine Chance!
Vom Kopf auf die Füsse gestellt: Ist es nicht ein Armutszeugnis, wenn die CRUS jetzt sogar direkt einen bezahlten Agenten ihrer Anliegen in die SDA pflanzen muss, nachdem die PR-Budgets der verschiedenen Hochschulen in den vergangenen Jahren in astronomische Höhen schossen? Das viele Geld reicht offenbar immer noch nicht aus, um die Gatekeeper in den Medien, a.k.a. RedaktorInnen, dazu zu bringen, mehr über helvetische Wissensproduktion zu berichten. Was machen die Medienstellen falsch?
Wer den kritischen Blick auf diese Faktenlage als „moralisch-puristische Nabelschau“ abkanzelt und die Weigerung, das Denken abzustellen, als „Vermessenheit“ beschimpft, hat – gelinde gesagt – ein Argumentationsproblem.
Es liegt mir zwar fern, jemanden abzukanzeln oder zu beschimpfen – doch entnehme ich obigen Sätzen, dass es auch anderswo „Argumentationsprobleme“ gibt.
Es wäre schön, wenn die PR-Budgets der Universitäten in astronomische Höhen geschossen wären. Tatsache ist, dass die meisten universitären Medienstellen mit ihren recht bescheidenen Mitteln ein sehr heterogenes Publikum bedienen müssen (uni-interne Öffentlichkeiten, Politik, wissenschaftliche Kreise, Massenmedien). Wenn nun für ein spezielles, ziemlich wissenschafts-resistentes Segment eine zusätzliche Unterstützung geboten wird, finde ich das eine sehr gute Entwicklung. Ich vermisse von Kollega Tschudin konkrete Gegenargumente.
Alles muss man selber machen! Die PR-Budgets sind leider nicht separat ausgewiesen, insofern ist es schwierig, als Aussenstehender an relevante Zahlen zu kommen. Hab mal nur bei unibas und unizh gesucht (man hat ja noch anderes zu tun im Leben!). Uni Basel, Budgetposten Rektorat und Verwaltung (wozu Öff.arb. gehört) im Jahr 2000: 6.6 Mio bei 7’600 Studis, im Jahr 2008: 14,6 Mio bei 11’000 Studis. Budget +120%, Studis +45%
Uni ZH: ZUV, umfasst auch Rektoratsstab, worin die Oeffentlichkeitsarbeit enthalten ist: 2000: 95 Mio, bei 20’000 Studis; ZUV heisst 2007 Zentrale Dienste: 160 Mio, bei 24’000 Studis. Budget +68%, Studis +20%. Astronomisch ist anders, aber ein überproportionales Wachstum des Verwaltungsaufwandes, das sich wohl nicht zuletzt zu Gunsten der Oeffentlichkeitsarbeit auswirkt, ist klar festzustellen! Ich bleib bei meinen unfundierten, polemischen, argumentatorisch problematischen Aussagen!
Lieber Patrick: Aus meiner Erfahrung geben die Universitäten der Öffentlichkeitsarbeit recht unterschiedliches Gewicht, was sich in den jeweiligen Budgets niederschlägt (vgl. untenstehenden Vergleich zwischen den ähnlich grossen Uni Basel und Bern. Mir sind sie auch nicht bekannt. Aber die Budgets der Kommunikation sind sicher nicht mit den Studentenzahlen gestiegen und auch nicht mit den Budgets der zentralen Dienste. Am einfachsten wäre es, die Personen zu zählen, die in der Kommunikation arbeiten. Bei der Uni Zürich komme ich auf ca. 12 Vollzeitstellen, bei der Uni Basel zähle ich 3,1 Vollzeitstellen, bei der UNi Bern sind es 11 Personen, Vollzeitstellen unbekannt. Fürstlich nenne ich das nicht, wenn ich bedenke, dass die Leute die Print- und Onlinepublikationen führen müssen, die interne Kommunikation betreuen, vielleicht auch Events und Veranstaltungen organisieren und wahrscheinlich zu einem kleinen Teil auch Medienarbeit machen. Einzig bei der ETHZ sehe ich bei Corporate Communications viele Leute: 29 Personen, weiss aber nicht, wieviele Vollzeitstellen das ausmacht. Eine Armada an PR-Fachleuten, welche die armen Journis mit PR-Meldungen eindecken, kann ich jedenfalls nicht ausmachen.
Auch Heidi Blattmann – bis gestern Leiterin der Wissenschaftsredaktion – hat sich von der Diskussion inspirieren lassen und in der NZZ den Artikel „Wissenschaftsjournalismus zwischen Mythos und Markt“ geschrieben: http://www.nzz.ch/nachrichten/wissenschaft/wissenschaftsjournalismus_zwischen_mythos_und_markt_1.1622481.html. Leider ohne richtig zu zitieren…
Lieber Marcel Falk
Sie schreiben so trocken, ich hätte nicht richtig zitiert. Es würde mich interessieren, was Sie damit genau meinen. Geht es um die <> von Klaus Kocks oder von Beat Gerber? Bei Kocks habe ich mitgeschrieben und mit Beat Gerber habe ich telefoniert und die <> von ihm auch autorisieren lassen. Deshalb würde mich interessieren, was unter <> zu verstehen ist. Oder ist mir woanders ein Fehler unterlaufen? Ich lasse mich gerne belehren – auch wenn ich nicht hoffe, dass tatsächlich etwas falsch ist.
Mit freundlichem Gruss, Heidi Blattmann
Lieber Marcel Falk
Sie schreiben so trocken, ich hätte nicht richtig zitiert. Es würde mich interessieren, was Sie damit genau meinen. Geht es um die Zitate von Klaus Kocks oder von Beat Gerber? Bei Kocks habe ich mitgeschrieben und mit Beat Gerber habe ich telefoniert und die Zitate von ihm auch autorisieren lassen. Deshalb würde mich interessieren, was unter richtig zitieren zu verstehen ist. Oder ist mir woanders ein Fehler unterlaufen? Ich lasse mich gerne belehren – auch wenn ich nicht hoffe, dass tatsächlich etwas falsch ist.
Mit freundlichem Gruss, Heidi Blattmann
Liebe Heidi Blattmann,
was ich meine: Sie haben ja diese Diskussion von sciencesofa aufgenommen (was ich toll finde). Ihr Verweis war „Gestritten wurde im Internet…“. Ich finde es schade, wenn Internetquellen nur so vage angegeben werden, was leider durchaus üblich ist. Umgekehrt würde dies niemand machen: Wenn ich auf sciencesofa eine Diskussion aus der NZZ aufnehme, würde ich nie einfach schreiben, „Gestritten wurde in Zeitungen“.