Noch ein Beitrag zum Thema Enhancement, allerdings mit einem deutlich kritischeren Grundtenor als jener von Bernward Gesang im vorigen Interview. Briten sinds, die mit einer kontroversen Technologie in diesem Bereich, genauer der Fortpflanzungsmedizin Schlagzeilen machen: Eine Klinik zur Behandlung von Infertilität hat einen Embryo-Diagnose-Test entwickelt, mit dem sich 15000 Gene einer Zelle eines zweitage alten Embryos in einem Aufwasch testen lassen, wie der Guardian in einer kurzen Mitteilung schreibt. Da können dann auch jene Keime aussortiert weden, die in verschiedener Hinsicht Überlebens- und Wettbewerbsvorteile haben sollen. Ein Blick auf die Homepage des Brückenzentrums zeigt, so der Name der Klinik unter der Leitung von Dr. Handyside, dass dort so ziemlich alles, was hierzulande verboten ist, marktschreierisch angeboten wird. Der Mann hat wirklich ein praktisches Händchen, dürfte aber die hiesigen Experten, die sich im BAG seit Jahren mit Gesetzesentwürfen zur Präimplantationsdiagnostik herumschlagen, kaum erheitern. Ihr Job wird nun noch heisser. Und da wundert sich Gesang, dass seine gentechnischen Enhancement-Phantasien kritisch rezipiert werden?
Okt. 24th, 2008 by Stefan Stöcklin | 4 Comments »
Hier kommt nichts mehr Neues
Es gibt ja auch das Media Enhancement: In den USA gibt es die sogenannten Cryonisten, eine Gruppe von Menschen, welche die Toten einfrieren und aufbewahren, in der Hoffnung, sie dank der Wissenschaft in ein paar Hundert Jahren wieder zum Leben zu erwecken. Die Medien finden solche Geschichten geil und schreiben seitenweise über den Nonsens dieses esoterischen Grüppchens. Liest man die Medienberichte, dann hat man das Gefühl, hier sei eine Bewegung am entstehen. In Wirklichkeit ist dies heisse Luft. Ebenso die Embryo-Tests. Marktschreierisch muss die Klinik wohl sein, um überhaupt gehört zu werden und die Medien springen gerne auf. Was soll den alles getestet werden? Hat der Mensch nicht ca. 20 000 Gene? Gibt es überhaupt ein Embryo, bei dem nichts angezeigt würde? In Skandinavien ist der Single Elective Embryo Transfer Standard. Vielleicht sollten die Medien sich informieren, was dort alles getestet wird, auch wenn es weniger als 15000 Gene sind.
Media Enhancement – finde ich gut! Aber den Hype um den Embryotest würde ich nicht so schnell darunter abbuchen, auch wenn es dauern wird, bis diese zum Einsatz kommen werden. Wir wissen alle, dass auch in der Schweiz IVF-Embryonen teils auf qualitative Merkmale (Metabolisierungsrate) getestet werden, was eigentlich verboten ist. Und solche neuen Test werden das Problem verschärfen. Wo werden die Behörden die Grenzen zwischen wählbaren, negativen Krankheitsmerkmalen und nicht selektierbaren positiven Eigenschaften ziehen? Ganz abgesehen davon, dass dies kaum kontrollierbar ist.
Einverstanden: Die Frage ist nicht einfach. Aber: Wo siehst Du das Problem, wenn die Metabolisierungsrate getestet wird?
Dies ist ein Schritt auf dem Weg zur Auslese des fittesten Embryos, ob unproblematisch lässt sich vielleicht noch diskutieren. Wenn dann andere Merkmale wie psychische Neigungen (Risiko für psychische Krankheiten) dazukommen, wirds schnell schwierig.